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Kunstmuseum Singen – Rudolf Wachter & Elly Weiblen

15.11.2023 | QLT Redaktion

Rudolf Wachter (1923-2011) Skulpturen Rudolf Wachters in seinem Atelierhaus Foto: Paul Königer, © Paul Königer, Nachlass Rudolf Wachter

Gleich zwei Ausstellungen präsentiert das Kunstmuseum Singen noch bis zum 14.1.2024. Der Bildhauer Rudolf Wachter (*1923 in Bernried am Bodensee – 2011 in München) fand erst spät, in den 1970er-Jahren, zur Holzbildhauerei. In nur vier Jahrzehnten aber schuf er ein Werk, das ihn zu einem Erneuerer der Holzbildhauerei des 20. Jahrhunderts in Deutschland machte. Zu seinem 100. Geburtstag zeigt das Kunstmuseum die retrospektiv angelegte Ausstellung »Rudolf Wachter«.

»Ich arbeite mit Holz – Das Holz arbeitet mit mir«. Rudolf Wachter schuf einfache, dabei grundlegende Skulpturen, in denen Natur und Kunst symbiotisch zusammengehen: » Ich habe das Holz nicht mehr als Material für eine abstrakte Form genommen, sondern die Natur war für mich Ausgangspunkt für die Form. Ich habe nicht mehr komponiert (…), sondern die Natur angeschaut und darin (…) eine Plastik gesehen« (Rudolf Wachter). Der formgebende und zugleich auf die vorgefundene Materialstruktur eingehende Schnitt mit der Motorsäge tief hinein bis zum Kern des Stamms ist für Wachters Skulpturen entscheidend. Dabei bezog der Bildhauer stets die natürlichen Wuchs – und Schwundprozesse in die Gestaltung mit ein, öffnete den Stamm und nahm Raum in diesen auf, spielte grundlegende Bewegungen, Drehungen, Haltungen und Positionen durch. In zahlreichen Werkgruppen untersuchte er die Potentiale seines Werkstoffs und das Repertoire seiner Formen, die er fast immer monumental und allansichtig anlegte. Mit seinem Ansatz, die organisch gewachsene Materialität des Stamms in die künstlerisch bearbeitete Form einzubeziehen, ist Rudolf Wachter ein einzigartiger Beitrag zur zeitgenössischen Skulptur gelungen.

Die Künstlerin Elly Weiblen (*1950, lebt in Korb bei Stuttgart) ist fasziniert von der sinnlichen Schau der Natur und des Wassers, von der Atmosphäre, den Farben und Formen im Raum. In ihren durchscheinenden Tuschen, ihrer tektonisch gefügten Temperamalerei, den flüchtigen Gouachen und reduzierten Fotografien spürt die Malerin diesen Erfahrungen nach, sucht sie zu fassen und in sinnliche Formen zu überführen. Das Ergebnis sind offene, stille, abstrakte Bilder, die immer wieder an Gegenständliches erinnern. Ihre kontemplativen, achtsamen Arbeiten führt die Künstlerin auf feinsten, bei jedem Lufthauch sich sanft bewegenden dünnen Papieren und auf leuchtend-weißen Leinwände aus. 60 Arbeiten Elly Weiblens vereint nun die Ausstellung »Elly Weiblen – Reiche Au.«, Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das mit einem Stipendium des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg 2021 begonnene »Reichenau- Projekt«, das die Künstlerin bis in die Gegenwart weiterführt. Das Projekt, das Erinnerungen an ihre zahlreichen Besuche auf der Bodenseeinsel heraufbeschwört, schließt an die »Rhein Zeichnungen« an, die 2019 während eines Stipendiums der Stiftung Bartels Fondation in Basel entstanden sind, sowie an zahllose Arbeiten des multidisziplinären Projektes »Wasser«, das Elly Weiblen seit 2018 verfolgt.

Ein vielseitiges Veranstaltungsprogramm mit Führungen, Workshops und Musik begleitet die Ausstellung. Infos & Veranstaltungen:
www.kunstmuseum-singen.de