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13.11.2024 | QLT Redaktion
Vom verkannten Heimatkünstler zum national gefeierten Malerstar: So lässt sich die Karriere des 1839 im Schwarzwald geborenen Hans Thoma umreißen, die ihn nach zähen Anfangsjahren schließlich an die Spitze der Karlsruher Kunsthalle führte. 100 Jahre nach seinem Tod 1924 in Karlsruhe erinnert die Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz bis zum 12.1.25 an den bedeutenden Künstler.
Hans Thoma wuchs in Bernau auf, einem kleinen Ort im südlichen Hochschwarzwald, der bis heute untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. Tief geprägt von der heimatlichen Landschaft, zog es ihn 1859 zum Studium an der Großherzoglichen Kunstschule nach Karlsruhe. Damit begann eine mehr als dreißig Jahre andauernde Wanderschaft, die neben dem Wunsch nach Anerkennung vor allem von der Suche nach neuen Perspektiven bestimmt war. Erst 1890 brachte ihm eine Ausstellung im Münchner Kunstverein den langersehnten Durchbruch. Thoma war bereits 51 Jahre alt. Noch vor der Jahrhundertwende wurde er als Professor an die Karlsruher Kunstschule berufen und zum Direktor der Kunsthalle ernannt.
Thomas volksnahe und traditionelle Kunst stand zunächst in Opposition zum herrschenden Kunstverständnis. Doch mit der Wiederentdeckung der Landschaft als Sehnsuchtsort einer zunehmend naturentfremdeten Gesellschaft gewann sein Œuvre an Bedeutung. Heute steht Thoma vor allem aufgrund seiner völkisch-nationalen Gesinnung, einschließlich antisemitischer Äußerungen, im Fokus aktueller Diskussionen.
Die Ausstellung beleuchtet mit rund 80 Druckgrafiken, ausgewählten Gemälden und Arbeiten seiner Schüler wie Karl Hofer, Otto Marquard und Emil Rudolf Weiss Leben und Werk Hans Thomas. Den Grundstock der Präsentation bilden Grafiken, die durch eine umfangreiche Schenkung 2020 in die städtische Sammlung gelangten. Sie waren teils schon 1939 im Zuge deutschlandweiter Jubiläumsfeierlichkeiten in den Konstanzer Räumen zu sehen und kehren nach 85 Jahren erstmals dahin zurück.
Hans Thoma blieb über die politischen Brüche des 20. Jahrhunderts hinweg populär – vor allem im deutschen Südwesten. In seinem Vortrag »Hans Thoma – Zur Rezeption des badischen Künstlers im Nationalsozialismus« am Donnerstag, 28.11., um 19 Uhr im Wolkensteinsaal beleuchtet der Karlsruher Historiker Simon Metz M.A. die Bemühungen der badischen Nationalsozialisten, die Thoma für ihre politischen Zwecke vereinnahmten, indem sie ihn zu einem urdeutsch-völkischen und antimodernistischen Künstler stilisierten. Der Eintritt ist frei.
Mit frischem Blick & großer Leidenschaft
Franziska Deinhammer leitet seit Mai 2024 die Städtische Wessenberg-Galerie. Zu Studienzeiten steht sie wie verzaubert vor Gustave Caillebottes »Die Parkettschleifer« im Musée d’Orsay in Paris und denkt: »Wenn auch nur ein anderer Mensch das Gefühl hat, das ich gerade empfinde, dann muss ich dafür kämpfen, dass Kunstwerke erhalten und ausgestellt werden!«
Es ist nicht verwunderlich, dass Deinhammer durch ihre leidenschaftliche Begeisterung für die Vermittlung von Kunst sowie ihre fachliche Expertise innerhalb kürzester Zeit zur Leiterin der Wessenberg-Galerie Konstanz aufgestiegen ist.
Deinhammer studierte nach ihrem Abitur Kunstgeschichte und Ethnologie an der Universität Tübingen. Ihren Masterabschluss in Kunstgeschichte und Museologie erwarb sie an der École du Louvre in Paris sowie an der Universität Heidelberg. Seit 2019 ist sie bei den Städtischen Museen in Konstanz tätig, zunächst als Volontärin, dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Im Mai 2024 übernahm sie nach der Verabschiedung der ehemaligen Leiterin Barbara Stark die Leitung der Städtischen Wessenberg-Galerie Konstanz.
»Ein Besuch im Museum hat mich immer anders herausgehen lassen. Ich dachte: Man kann etwas Positives in die Welt bringen durch die Betrachtung und Vermittlung von Kunst. Dieser Gedanke hat mich begeistert und lässt mich bis heute nicht los.«
Mit der so ersehnten Aufgabe der Erhaltung und Vermittlung des kulturellen Erbes ist Franziska Deinhammer nun tagtäglich beauftragt. »Wir haben hier in der Wessenberg-Galerie eine wirklich erstklassige, unfassbar abwechslungsreiche Sammlung, die mich immer wieder aufs Neue fasziniert. Man kann sie aus ganz verschiedenen Blickwinkeln neu befragen und entdecken.« Dabei immer mit im Blick: Die unterschiedlichen Hintergründe und Altersgruppen der Besucherinnen und Besucher. In der aktuellen Ausstellung zu Hans Toma sind QR-Codes, die Audio-Guides auf Deutsch und Englisch am eigenen Smartphone öffnen, sowie Versuche der kreativen Kunstvermittlung und -auslegung durch künstliche Intelligenz eingebaut.
Weitere Infos: www.konstanz.de/wessenberg