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09.04.2025 | QLT Redaktion
Im Dezember 2024 und April 2025 wären Johannes Diem und Anton Bernhardsgrütter 100 Jahre alt geworden. Ähnliche Schicksalsschläge, der radikale Entschluss, für die Kunst aus einer gesicherten bürgerlichen Existenz auszubrechen – ihre Biografien weisen erstaunliche Parallelen auf, denen sich das Kreuzlinger Museum Rosenegg bis zum 23.11. in der Doppelausstellung »Fürchterlich schöne Welt« widmet. Obgleich die annähernd Gleichaltrigen nicht weit entfernt voneinander gelebt und gewirkt haben, ist kein Austausch oder gar eine Freundschaft entstanden.
Bernhardsgrütter wählt seine Motive vielfach autobiografisch: der Bauernhof nahe Bischofszell, die katholische Frömmigkeit, die Mutter, die Geliebte und nicht zuletzt er selbst. Beziehungen werden fragwürdig, die Natur als Kulisse – nur scheinbar eine heile Welt. Neben der Malerei und Grafik steht bei ihm eine Serie von Tagebüchern, in denen er Kunst und Literatur verschränkt. Schreibend und zeichnend kommentiert er das Zeitgeschehen, auch einigen Gemälden fügt er eine polyglott-literarische Ebene hinzu. Diem fokussiert sich ganz auf die Natur – Wälder, Wiesen und den See, die er akribisch im Detail erfasst –, meist belebt durch Libellen, Vögel oder andere Tiere, nicht aber durch den Menschen. Dessen Abwesenheit lässt seine Gefährdung umso augenfälliger erscheinen.
Das Museum Rosenegg hat beiden Künstlern in der Vergangenheit Einzelausstellungen gewidmet. Anlässlich ihrer runden Geburtstage kommt es posthum erstmals zu einer Begegnung der sehr eigenständigen Charaktere, die auch überraschende künstlerische Bezüge in der Auseinan-
dersetzung mit einer »fürchterlich schönen Welt« erkennen lässt – eine Einladung zur Neuentdeckung. Die Doppelausstellung zeigt eine Auswahl von Werken aus öffentlichen Sammlungen und Privatbesitz und ist eine Kooperation mit der Kunstkommission Kreuzlingen. Ergänzt wird die Werkschau durch ein Rahmenprogramm mit Führungen, Wandelkonzerten und Vorträgen.
Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr und im Anschluss an die Sonntags-Matinéen.