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Ittinger Pfingstkonzerte 2023 – Autonomia

13.04.2023 | QLT Redaktion

Jean Rondeau, Foto: Mathias Benguigui

Vom 26. bis 29.5. finden die 27. Ittinger Pfingstkonzerte statt. Künstlerischer Leiter ist der deutsch-französische Cellist Nicolas Altstaedt. Bereits im Jahr 2019 hat Nicolas Altstaedt auf großartige Weise bewiesen, dass er nicht nur als Solist an seinem Instrument zu den Besten seiner Zunft zählt. 2023 wird sein für 2020 geplantes und wegen der Pandemie entfallenes Festivalprogramm nachgeholt – in leicht modifizierter Form. Das diesjährige Motto der Pfingstkonzerte lautet „Autonomia“ – Selbstbestimmung.

Bereits das Eröffnungsprogramm am 26.5. in der Remise beweist die große stilistische Bandbreite der diesjährigen Pfingstkonzerte: „Psappha“ von Iannis Xenakis und das 1946 entstandene Streichtrio von Arnold Schönberg, schließlich das Quintett für zwei Bläser und Klaviertrio des 1907 in Kiew geborenen Komponier-Autodidakten Constantin Regamey. Dieses Werk wurde erstmals 1944 im belagerten Warschau aufgeführt.

In einem ungewöhnlichen Spannungsfeld bewegen sich die Werke des Matinée-Konzerts am 27.5. um 11:45 Uhr: Hans Krása und Gideon Klein lebten und arbeiteten unter unmenschlichsten Bedingungen im Konzentrationslager von Theresienstadt, rund 50 km von Prag entfernt. Die „Goldene Stadt“ wiederum war, noch vor den Schrecken durch die Nationalsozialisten, ein zentraler Ort im Leben von Leoš Janáček und Antonín Dvořák gewesen, dessen Kammermusik bei den diesjährigen Pfingstkonzerten einen eigenen Schwerpunkt bildet. Fortgesetzt werden die Samstagskonzerte um 19 Uhr: Bohuslav Martinů zählt zu jenen Komponisten, die dem Nationalsozialismus durch Flucht in die Vereinigten Staaten entkommen konnten. Auch Erich Wolfgang Korngold musste, seiner Herkunft wegen, in den 1930er Jahren Schutz in den USA suchen. Als Jugendlicher wurde er, vor allem in Wien, als Wunderkind gefeiert. Auch die Spuren des Es-Dur-Streichquintetts von Antonín Dvořák führen nach Amerika, wo der Komponist nicht nur seine berühmte Sinfonie „Aus der neuen Welt“ komponiert hat, sondern auch zauberhafte Kammermusik.

Auch das Matinée-Konzert am Pfingstsonntag, 28.5. wird dem Motto des diesjährigen Festivals in mehrfacher Hinsicht gerecht. Das zeigen ungewöhnliche Besetzungen wie bei Luciano Berios „Naturale“ und bei Knut Nystedts „Stabat mater“. „In Paradisum“ von Ēriks Ešenvalds wurde 2012 erstmals in seiner lettischen Heimat aufgeführt. Und freuen wir uns, dass der französische Komponist Benjamin Attahir ein neues Werk für die Ittinger Pfingstkonzerte geschrieben hat. Um 17 Uhr stellen die „Goldberg-Variationen“ ein Gipfelwerk der Cembalo- und Klavierliteratur von Johann Sebastian Bach dar. Das Konzert um 21 Uhr entführt uns in der Klosterkirche in die Welt des französischen Barock.

Zum Abschluss der Pfingstkonzerte präsentieren die Musikerinnen und Musiker um Nicolas Altstaedt am 29.5. um 11:45 Uhr selten zu hörende Chormusik von Ludwig van Beethoven und Franz Schubert sowie eines der absoluten Meisterwerke der Gattung Klavierquartett. Antonín Dvořák hat es im Sommer 1889 komponiert, in einem wahren Schaffensrausch: „Es geht unerwartet leicht, und die Melodien strömen mir nur so zu. Gott vergelt’s!“ – ein würdiger Ausklang des diesjährigen Festivals.

Detaillierte Infos: www.kartause.ch/de/ittinger-pfingstkonzerte



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