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Das See-Burgtheater spielt Prometheus

11.07.2024 | QLT Redaktion

Foto: Mario Gaccioli

Brennende Feuerwesen steigen vom 11.7. bis 7.8.2024 aus dem Erdreich des Kreuzlinger Seeburgparks auf. Mit »Prometheus – Revolution im Götterreich« greift das See-Burgtheater einen antiken Stoff auf, der mit seinem Blick auf Machtdynamiken heute noch genauso Gültigkeit hat wie damals. Das Bühnenbild: eine Baustelle, in der das erstklassige Ensemble in teilweise schwindelerregender Höhe Funken sprühen lässt. Mit viel Humor, modernem Puppenspiel, poetischen Feuerbildern und einer Liveband, deren Musik die Emotionen bis zum Zerreissen spannt, macht Regisseur Simon Engeli die Handlung unterhaltsam und vielschichtig erlebbar.

Bei der diesjährigen Produktion des See-Burgtheaters »Prometheus« tauchen Publikum und Ensemble tief ein in die griechische Mythologie. Das Bühnenbild zeigt allerdings keine weissen Marmorsäulen, sondern die moderne Baustelle des Zeiss-Towers. Denn Simon Engeli geht es bei »Prometheus» nicht darum, die Antike aufleben zu lassen, sondern um den allgemeingültigen Kern des Stoffes, der uns heute immer noch etwas zu sagen hat. »Das nämlich ist es, was Mythen seit Jahrhunderten lebendig hält« so Engeli. Die von ihm geschriebene Textfassung handelt von der Generationenfolge der Götter. Dabei ist die Geschichte immer die gleiche: Am Anfang gibt es die Idee eines gerechten, gemeinsamen Regierens, einer Demokratie. Es dauert aber nicht lange, da reisst ein Diktator die Macht an sich. Dieses Phänomen durchzieht die Menschheitsgeschichte und ist der ernste Hintergrund der Inszenierung. Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, was man dagegen tun kann. In der griechischen Mythologie gibt es dazu eine inspirierende Figur: Prometheus, das Titanenkind, das sich durch seine unbändige, neugierige Energie des Forschens, des Wissenwollens, der Unvoreingenommenheit auszeichnet und gleichzeitig damit, nicht mitzumachen, nicht Teil der Machtdynamik zu sein. Er setzt dem totalitären System etwas Kreatives, etwas Lebendiges entgegen: Er erschafft den Menschen und damit etwas Sterbliches, Verletzliches als Gegenidee zu dem eisernen Herrscher.

So ernst das tönt, ist Engelis »Prometheus« doch ein humorvolles Stück, das in beeindruckendem Setting mit mitreissender Musik, Pyrotechnik, beissendem Wortwitz und herrlich herausgearbeiteten Figuren besticht. Gespielt werden diese »von einem Ensemble, wie man es sich besser nicht wünschen könnte«, schwärmt Engeli. Es habe richtig Lust dazu, die große Bühne – immerhin mit einer Breite von 20 Metern – zu beleben. So gibt es unter anderem eine Luftakrobatiknummer und sieben Darstellende bewegen einen über vier Meter hohen Titan aus Baustellenmaterialien.
Zunächst treten im Stück alle Götter als zeitgenössische Figuren auf. So etwa der charismatische aber undurchsichtige Architekt Zeiss und seine joviale Frau Vera – später das machthungrige Paar Zeus und Hera. Als Prometheus auf der Baustelle mit seiner Erzählung von den Göttergenerationen beginnt, zieht er alle so in seinen Bann, dass sie mitten in die Geschichte hineingezogen werden, die Mythologie zum
Leben erwacht – und Theatermagie entsteht.

Für musikalischen Zauber sorgt eine dreiköpfige Liveband unter der Leitung des virtuosen Geigers Jurij Drole. Das Bühnenbild wurde von Zeus-Darsteller Giuseppe Spina entwickelt und die Leitung des Puppenspiels hat Rahel Wohlgensinger inne, diesjährige Trägerin des Thurgauer Kulturpreises. Für die Kostüme sind Beate Fassnacht und Klara Steiger verantwortlich.

www.see-burgtheater.ch